Hinter uns neben uns vor uns den Feind

Text: Peter Hagendorf (1649) - Bühnenfassung und Darstellung: Zeha Schröder - Regie: Anke Winterhoff - Ort: Stadtmuseum Münster (Salzstr. 28, Münster) - Dauer: ca. 75 Minuten - Uraufführung: 18.08.2023
Mit Anfang Zwanzig lässt Peter Hagendorf sich für die Armee anwerben. Man schreibt das Jahr 1624, und damals ahnt keiner, dass dieser elende Krieg einmal als der „Dreißigjährige“ in die Geschichtsbücher eingehen wird...

Hagendorf bleibt bis zum Kriegsende dabei. Ein Vierteljahrhundert lang, auf wechselnden Seiten, mit wechselhaftem Glück: mal steinreich, mal schwerverwundet oder kurz vorm Verhungern. Er arbeitet sich vom einfachen Landsknecht zum Korporal und schließlich zum Kompanieführer hoch. Er zieht schätzungsweise 24.000 Kilometer kreuz und quer durch Europa – rund tausend Kilometer jedes Jahr, zu Fuß und zu Pferd. Acht seiner zehn Kinder begräbt er vor ihrem zweiten Geburtstag, und auch seine erste Frau überlebt die Strapazen im Tross nicht.

Doch Hagendorf macht weiter. Ohne Illusionen, ohne Enthusiasmus, aber auch ohne Alternative. Und er schreibt auf, was er erlebt. Vierundzwanzig Jahre lang, ein Tagebuch als Zettelwirtschaft. Nach Kriegsende bringt er alles auf 192 eng beschriebenen Seiten zur Reinschrift – und schafft damit ein einzigartiges Zeugnis soldatischen Lebens, das bei seiner Wiederentdeckung 1988 einen neuen, unverstellten Blick auf den Alltag der Landsknechte eröffnet hat.

Gefördert durch ein Stipendium der Bundesstiftung Fonds Darstellende Künste hat sich F+G-Gründer Zeha Schröder des Tagebuchs angenommen und auf Basis des originalen Wortlauts ein einstündiges Theaterstück daraus entwickelt. In der Inszenierung von Anke Winterhoff zeigt Schröder den Söldner Hagendorf am Wendepunkt seiner Biografie: am Tag seiner Ausmusterung im Herbst 1649. Das Publikum erlebt einen Mann, der den Schrecken des Krieges glücklich entronnen ist – und doch voller Skepsis in eine ungewisse Zukunft blickt…

Eine Inszenierung mit Unterstützung des Kulturamts Münster und des Fördervereins des Stadtmuseums, auf dessen (nicht öffentlich zugänglicher) Dachterrasse die Aufführung stattfindet. Eine dokumentarische Zeitreise, mit Blick über die Dächer jener Stadt, in deren Mauern der Krieg des Peter Hagendorf nach drei Jahrzehnten beendet wurde. Am Verhandlungstisch, nicht auf dem Schlachtfeld.