Morbus Inês

Text und Regie: Zeha Schröder - Mit: Rima Herab, Jan-Christoph Tonigs Ort: Zwinger, Promenade / Kanalstr., Münster - Dauer: 70 Min. - Uraufführung: 15.03.2007
Am 7.1.1355 lässt der portugiesische König die Frau seines Sohnes umbringen, weil sie nicht in sein „dynastisches Konzept“ passt. Der Kronprinz zettelt daraufhin einen Bürgerkrieg an, besteigt nach dem Tod des Vaters den Thron und lässt die Schergen seines Vorgängers bei festlichem Bankett zu Tode foltern. Schließlich wird auf Pedros Befehl der Leichnam seiner geliebten Inês exhumiert, in einer makabren Zeremonie posthum gekrönt und als Königin in der Hauptkathedrale des Landes bestattet...

Ausgehend von dieser historischen Begebenheit, machten sich Autor Zeha Schröder und Darsteller Jan-Christoph Tonigs im Januar 2007 auf den Weg nach Portugal, um in Texten und Filmen zum Kern der Geschichte vorzudringen. Dabei stand nicht die Rekonstruktion der Fakten im Vordergund, sondern die Suche nach den Motiven und Gefühlen der Protagonisten. Ausgerüstet mit historischen und literarischen Belegen für die „Inês-Legende“ sowie den Mitbringseln dieser Recherche, begeben sie sich auf eine Zeitreise: Wie ein Archivar sichtet und sortiert Tonigs das Material, montiert es neu - und versucht ihm eine logische (nicht immer: chronologische) Ordnung zu geben, ohne in einem Labyrinth aus lückenhaften Überlieferungen und dubiosen Volkslegenden, widersprüchlichen Jahreszahlen und archäologischen Befunden verloren zu gehen.

Das Ergebnis dieser „emotionalen Archäologie“ wurde zwei Monate später beim internationalen Festival „Theaterszene Europa“ in Köln mit großem Erfolg uraufgeführt. So urteilte der Rezensent des Kölner Stadtanzeigers: "Ein filigranes Dokumentarstück in behutsam leisem Sprechton, (...) emotional und frei von Mittelalter-Kitsch. Eine der ungewöhnlichsten - und ansprechendsten - Inszenierungen des Festivals!" - Für Münster haben die Theatermacher, die zudem mit der ukrainisch-jemenitischen Sängerin Rima Herab ein großes Bühnentalent in ihrem Debüt als Schauspielerin präsentieren, das Konzept noch einmal komplett überarbeitet. Die Neufassung, die bis Oktober 08 auf unserem Spielplan stand, war ganz und gar auf den kongenialen Spielort zugeschnitten: eine ehemalige Gefängniszelle im morbiden und zugleich kargen Ambiente des Zwingers, wie geschaffen für diesen nüchternen - und doch hochemotionalen - Ausflug ins mittelalterliche Portugal.

Eine Spurensuche.