Die Englische Geliebte

Text: Marguerite Duras - Mit: Ursula de Miranda Fleming, Marcell Kaiser - Regie: Zeha Schröder - Ort: Blumen & mehr (Hammer Str. 98) - Dauer: 90 Min. - Premiere: 11.07.2007
“Wenn ich wüsste, wie ich antworten soll, ich würde es tun. Ich weiß nicht, womit ich mein Leben bis heute zugebracht habe...”

Die das sagt, wirkt harmlos, nicht unsympathisch und allenfalls ein wenig verschroben. Doch Claire soll ihre taubstumme Cousine Marie-Therèse ermordet, zerstückelt und auf Güterwaggons in alle Himmelsrichtungen ‘entsorgt’ haben. Sie gesteht die Tat, schweigt sich aber über das Motiv aus. Eine Spurensuche beginnt...

Meistens befasst sich das Ensemble Freuynde + Gaesdte mit dokumentarischen Stoffen und entwickelt auf dieser Grundlage seine Stücke selbst. Um einen wahren Fall ging es auch hier - aber die Produktion basierte dennoch auf einer literarischen Vorlage. "Die Englische Geliebte" aus der Feder der französischen Schriftstellerin Marguerite Duras ist ein beunruhigendes Dokument der Entfremdung: eine Frau verliert allmählich den Kontakt zu ihrer Umwelt, letztlich zu ihrem Ich. Das 1968 entstandene Stück zeichnet das irritierende Porträt der Mörderin Claire, bei der eine leidenschaftliche Zuneigung für Pflanzen, eine kindlich-naive Weltsicht und eine geschäftsmäßige Nüchternheit beim Zerstückeln der Leiche ihrer Cousine ein verstörendes (und verstörtes) Innenleben zu erkennen geben...

Marcell Kaiser und seine brasilianisch-deutsche Kollegin Ursula de Miranda Fleming (die mit der Rolle der Claire ihren Einstand bei "F+G" gab) machten sich in Zeha Schröders Inszenierung von 2007 auf die Suche nach den Hintergründen des Verbrechens. Dabei verschwammen die Grenzen zwischen Mörderin, Zeugen und Ermittlern immer mehr – bis nur noch eines übrig blieb: ein subtil-ironischer Machtkampf zwischen einem Mann und einer Frau, bei dem die Wortwechsel so spitz werden wie die dolchartigen Stacheln von Englischen Gleditschien (bzw. „Geliebten“, wie Claire zu sagen pflegt).

Spielort für das Stück war die scheinbar harmlose Idylle des Blumenladens „Blumen & mehr“, wo die Topfpflanzen eine ideale Identifikationsfläche für Claires Fantasien von Eingesperrtheit und Freiheitsdrang boten. Anschließend gastierte die Produktion auch beim internationalen Festival "Theaterszene Europa" in Köln.