Dracula

Text und Chorarrangements: Zeha Schröder - Regie: Ensemble - Kostüme: frl y - Mit: Frank Dukowski, Jan-Christoph Tonigs, Marcell Kaiser und Zeha Schröder - Ort: "Blaues Haus", Kreuzstr. 16/17, Münster - Dauer: ca. 140 Minuten - Uraufführung: 15.11.2006
Nach den umjubelten „Räubern“ lag die Latte hoch für unseren vierten Kneipenklassiker im Blauen Haus. Aber die bewährte Vierercombo (Frank Dukowski, Marcell Kaiser, Zeha Schröder und Jan-Christoph Tonigs) konnte ab November 06 auch Bram Stokers „Dracula“ aus der staubigen Altbackenheit zu neuem Leben, äh, erwecken.... ach nein, das war ja im Fall des untoten Grafen gar nicht nötig.

Das Grundrezept für unsere Blau-Haus-Cocktails war mutmaßlich bekannt: man nehme einen ursprünglich schmackhaften klassischen Text, der nach ein bis drei Jahrhunderten allmählich einen markant-muffigen Geruch verströmt, und würze ihn kräftig mit prickelnden Verfolgungsjagden, feurigen Songs und einem guten Schuss respektloser Gags. Abschließend einen Spritzer ironisches Augenzwinkern, das Ganze gut verrühren - und fertig sind zwei Stunden kurzweiligen Kneipentheaters!

Wenn’s mal so einfach wäre. Ist es aber nicht. Und das liegt vor allem daran, dass das singende, raufende, Unfug treibende Ensemble jedes Mal auf der Suche nach einem neuen Ansatz ist. Und so war der Kneipen-Dracula geprägt von einem Sack neuer Ideen und Konzepte: der verwinkelte Kneipenraum wurde neu aufgeteilt und (noch) platzgreifender bespielt, das Gesangsrepertoire brach aus dem „Oldies-but-Goldies“-Gehege aus und flüchtete kreuz und quer durch die letzten tausend(!) Jahre Musikgeschichte, und die rüpelhaft-derbe Komik der „Räuber“ wurde abgelöst durch den gepflegten Scherz unter viktorianischen Gentlemen - gleichwohl im genauen Wissen darum, wo die Gürtellinie verläuft (und dass es erst unterhalb davon wirklich interessant wird)...

Kurzum: selbst eingefleischte Blau-Haus-Fans bekamen noch ein paar Überraschungen geboten. Spätestens, wenn Mina Harker zur schwebenden Jungfrau wurde, wenn Vampire sich in leeren Särgen manifestierten und Graf D. sich auf offener Bühne in einen Schwarm Fledermäuse verwandelte, bagann man der Prophezeiung des Hobby-Exorzisten Abraham van Helsing Glauben zu schenken: „Warten Sie ab! Es ist noch längst nicht vorbei!“ - Und vielleicht lag es genau daran, dass diese augenzwinkernde theatrale Geisterbahn zum bislang meistgespielten, erfolgreichsten F+G-Stück avancierte!